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Arbeitspapiere, Analysen
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Thaddäus Schäpe
Thesenpapier
zur Entwicklungsstrategie
der Deutschen Minderheit (DMI) in Polen


I. EINLEITUNG

Nach über zehn Jahren seit der offiziellen Registrierung der DMI in Polen ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen und vor allem die Frage zu stellen, was die DMI kurz,- mittel - und langfristig unternehmen muss, um beispielsweise im Jahre 2015 als gleichberechtigter Partner unter Bewahrung der ihr eigenen kulturellen Identität aktiv am gesellschaftlichen Leben in Polen teilzuhaben und gleichzeitig eine Brückenfunktion in den deutsch-polnischen Beziehungen einzunehmen. Auch wenn dieses Ziel heute utopisch anmutet, es muss Messlatte für die DMI selbst und die sie unterstützenden Institutionen in Polen und der Bundesrepublik Deutschland sein. Nach zehn Jahren Selbstfindung und Entfaltung der DMI in einer sich im Transformationsprozess befindenden Gesellschaft wird es an der Zeit, einen möglichst breiten Konsens bezüglich der Ziele, Prioritäten insgesamt der Zukunft der DMI in Polen herzustellen und nach der Umsetzung zu fragen. Denn nur eine breit geführte Diskussion und ein herbeigeführter Konsens der politischen Eliten der DMI wird sie in die Lage versetzen, geschlossen ihre berechtigten Interessen wahrzunehmen.

Dieses Thesenpapier verfolgt nicht das Ziel, selbst als Konzept der DMI zu dienen, sondern eine Diskussion innerhalb der DMI anzuregen und ein zukunftsfähiges Konzept für ihre Entwicklung zu initiieren. Vor allem die Gewichtung der einzelnen Prioritäten muss von der DMI selbst in breiten Konsens vorgenommen werden. Hierbei fällt dem VdG als dem Dachverband der DMI in Polen eine zentrale Rolle zu.

II. AUSGANGSLAGE

Ein möglichst präzises Erfassen der Ausgangslage bildet die Basis für eine erfolgsversprechende Strategie. All das, was im Rahmen einer Strategie zur Erreichung der gestellten Ziele unternommen werden muss, hängt im wesentlichen von der Ausgangslage ab und davon, welcher Akteur welche Bedingungen verändern kann, um den Zielen näher zu kommen.
  • Um der Problemstellung gerecht zu werden, muss im wesentlichen, was die Ausgangslage der DMI in Polen anbelangt, die Zeit vor und nach der Wende gesondert betrachtet werden. Für die Lage der DMI in Polen vor der Wende können stichpunktartig folgende Faktoren benannt werden:
  • Grenzverschiebungen, Flucht, Vertreibung und Aussiedlung großer deutscher Bevölkerungsteile nach 1945 aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Vor allem die Großstädte (Breslau, Hirschberg, Liegnitz, Gleiwitz etc.) wurden fast entvölkert.
  • Die Deutschen in den ehemaligen Ostgebieten konzentrierten sich überwiegend auf die ländlichen Gebiete vor allem in der Woiwodschaft Oppeln, um die Stadt Ratibor und die Großstädte Oberschlesiens. Darüber hinaus sind vereinzelt deutsche Gruppierungen anzutreffen u.a. in ehemals Ostpreußen, Allenstein, Breslau, Danzig, Thorn, Stettin, Posen.
  • Die Ansiedlung der Deutschen im ländlichen Bereich hat tendenziell auch ihre schlechtere Ausbildung zu folge.
  • Die Ausreisewelle der Deutschen nach Westdeutschland findet mit unterschiedlicher Intensität bis in die 90-er Jahre statt. Es verlassen vor allem diejenigen ihre Heimat, die mobil sind und sich gute Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt ausrechnen.
  • Massive antideutsche Propaganda des totalitären Systems (aus innenpolitischen Machterhaltungsgründen). Betonung der negativen Erfahrungen (Kriegserfahrungen, Gräueltaten) mit Deutschland als Nachbar.
  • Systematisches Zerstören und Verschweigen alles Deutschen in den ehemaligen deutschen Gebieten.
  • Das Verbot der deutschen Sprache (auch als Unterrichtssprache) in großen Teilen Oberschlesiens führte dazu, dass die nach 1945 Geborenen kaum noch Deutsch als Muttersprache verwendeten.
  • Diskriminierung der deutschen Bevölkerung in Form von eingeschränktem Zugang zum polnischen Bildungssystem und Berufsleben.
  • Streben nach einem zentralen Einheitsstaat - Bekämpfung regionaler Identitäten (vor allem der schlesischen).
  • Langjähriger Kampf der Polen um die eigene Staatlichkeit (Rolle Preußens).
  • Die Anwesenheit von Deutschen (heute deutsche Minderheit) wurde im wesentlichen nicht zur Kenntnis genommen. Die Registrierung von Verbänden der Deutschen wurde von wenigen Ausnahmen abgesehen bis in die 80-er Jahre hinein verweigert.
Nach der Wende ist die Entfaltung der DMI in Polen durch folgende Faktoren determiniert:
  • Gute Ansätze für den Aufbau einer zivilen Bürgergesellschaft, Dezentralisierung (Einführung selbstverwalteter Kommunen, Kreise und Regionen).
  • Stetiges Wirtschaftswachstum auf relativ hohem Niveau, relativ geringe Arbeitslosigkeit in Oberschlesien, hingegen sehr hohe Arbeitslosigkeit in ehemals Ostpreußen, schwindende Phobien vor ausländischen und deutschen Investitionen. Bestehende Ängste bezüglich des Ausverkaufs polnischer Immobilien durch Deutsche (Vertriebene).
  • Immer größere Teile der polnischen Gesellschaft sind offen für den deutsch-polnischen Dialog. Für große Teile der Bevölkerung Oberschlesiens gehört der Umgang mit Deutschen zur Alltagserfahrung (Wirtschaft und familiäre Bindungen).
  • Zunehmende Anerkennung der Multikulturalität und der besonderen Identität in Oberschlesien.
  • Nach Schätzungen leben in Polen zur Zeit etwa 600.000 Deutsche, davon gut 400.000 in Oberschlesien.
  • Die Deutschen in Polen waren über 40 Jahre von der demokratischen Entwicklung in Westdeutschland ausgeschlossen. Deshalb hat die ältere Generation ein Deutschland-Bild konserviert, das dem vor 1945 entspricht. Darüber hinaus mangelt es der DMI - übrigens auch anderen Gruppierungen in der Region - an Erfahrungen im Umgang in einer pluralen Bürgergesellschaft.
  • Die Einführung der Ostpolitik von Willy Brandt führte bezüglich der Problematik der ehemaligen deutschen Ostgebiete tendenziell zur Spaltung der westdeutschen Gesellschaft in "Revanchisten" und "vaterlandslose Gesellen". Dies hat bis heute Konsequenzen im Umgang mir der DMI.
  • Nur zögernde Registrierung der deutschen Verbände und zunehmende Akzeptanz der ethnischen Minderheiten u.a. auch der deutschen Minderheit. Relativ starke zentrale Verbandsstrukturen (Bezirksvorstände) der DMI; relativ schwache lokale Strukturen der DMI ohne juristische Person.
  • Auf Grund der Privilegierung ethnischer Minderheiten bei der Mandatsvergabe (Aufhebung der 5% - Klausel) sind die Vertreter der DMI seit 1991 im polnischen Sejm vertreten.
  • Unterstützung der DMI durch die Bundesregierung aber auch im zunehmenden Masse durch die polnische Regierung.
  • Relativ wenig Aktivitäten der Gliederungen der deutschen Minderheit. Unter "Gliederungen der DMI" sind vor allem die DFK, aber auch andere Vereinigungen wie z.B. Schlesischer Selbstverwaltungsverband, Verband der Deutschen Autoren, die Deutsche Bildungsgesellschaft, Bezirksvorstände usw. zu verstehen.
  • Wachsende Förderung der deutschen Sprache als Fremd- und Muttersprache.
  • Starke Präsenz der DMI auf der kommunalen und regionalen Ebene in der Woiwodschaft Oppeln.
  • Im Durchschnitt sind über 50.000 Deutsche aus Polen vorübergehend in Deutschland beschäftigt. Damit sind soziale und familiäre Probleme verbunden. Darüber hinaus klagen vor allem die Kommunen über den Ausfall der Steuereinnahmen.
  • Der Gesetzesentwurf über die Rechte nationaler Minderheiten in Polen liegt seit Jahren vor, über ihn wird jedoch nicht abgestimmt. Die Rahmenkonvention des Europarates über die Minderheitenrechte wurde im November 2000 vom polnischen Sejm ratifiziert, aber unvollständig verwirklicht (z.B. doppelsprachige Ortsbezeichnungen).

III. DAS OBERZIEL DER DEUTSCHEN MINDERHEIT IN POLEN

Gleichberechtigte Partizipation der deutschen Minderheit am gesellschaftlichen Leben in Polen unter Bewahrung der kulturellen Identität und die Wahrnehmung der Brückenfunktion in den deutsch-polnischen Beziehungen

IV. PRIORITÄRE FELDER DER DEUTSCHEN MINDERHEIT IN POLEN

Bei aller Bedeutung des Oberziels, ist es ohne weitere Spezifizierung zu wenig aussagekräftig, um daraus konkrete Schritte für die Entwicklung abzuleiten. Der weiteren Präzisierung dient die Festlegung der prioritären Felder, wobei dann wiederum der Diskussion um die Prioritäten der einzelnen Felder großer Stellenwert eingeräumt werden muss. Anschließend stellt sich die Frage nach den adäquaten Instrumenten, um die definierten Prioritäten zu erreichen.
  • Förderung der deutschen Sprache als Mutter- und Fremdsprache
  • Förderung der kulturellen Identität, gemeinschaftsfördernde Maßnahmen
  • Förderung der zivilen Bürgergesellschaft, Förderung der Gliederungen der DMI, Förderung einer Minderheitenelite, deutsch-polnische Landeskunde
  • Stärkung der Akzeptanz für die DMI, Förderung des Dialogs Mehrheit - Minderheit, Medienarbeit, Geschichtsaufarbeitung,
  • Wirtschaftsförderung und Regionalentwicklung (hauptsächlich in den Woiw. Oppeln und Schlesien), ländliche Entwicklung, Agrarpolitik
  • Starke Präsenz der DMI in der kommunalen und regionalen Selbstverwaltung (hauptsächlich Woiwodschaften Oppeln, Schlesien, Allenstein)
  • Förderung des Beitritts Polens in die EU und der Übernahme der Minderheitenstandards
  • Förderung der Jugend der DMI, Berufsbildung, Existenzgründung, Studienmöglichkeiten in Deutschland
  • Förderung der Gesundheitsversorgung / Soziales
In dieser Übersicht stehen die einzelnen prioritären Felder - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - gleichwertig nebeneinander. Eine Gewichtung muss im Verlaufe des Diskussionsprozesses von der DMI selbst vorgenommen, werolen.

V. ANMERKUNGEN ZU DEN PRIORITÄREN FELDERN

1. Förderung der deutschen Sprache als Mutter- und Fremdsprache

Natürlich muss die Förderung der deutschen Sprache als Muttersprache als eines der wichtigsten Identitätsmerkmale der deutschen Minderheit in Polen und angesichts der Tatsache, dass diese Sprache in großen Teilen der Siedlungsgebiete der DMI jahrzehntelang verboten war, im Vordergrund stehen. Es ist nach 10 Jahren an der Zeit, z.B. in Kooperation der Deutschen Bildungsgesellschaft mit dem VdG und dem ZVA, dem polnischen Deutschlehrerverband ein nach klaren Kriterien ausgearbeitetes Konzept der Beschulung Deutsch als Muttersprache sowohl für den schulischen als auch außerschulischen Sprachunterricht vorzulegen.

2. Förderung der kulturellen Identität, gemeinschaftsfördernde Maßnahmen

Ohne Sprache und Kultur kein Fortbestand der eigenen Identität. Die Aktivitäten der DMI im gemeinschaftsfördernden Bereich (traditionelle Feste, Konzerte, Musik, Chöre, traditionelles Werken / Handarbeiten, Autorenlesungen, Literaturworkshops usw.) machen das Leben innerhalb der Minderheit vor Ort aus. Um die lokalen Gliederungen der DMI zu befähigen, ein möglichst intensives Eigenleben zu entfalten, müssten die Strukturen der DMI dezentralisiert werden. Die Beantragung der lokalen Gliederungen von Zuschüssen z.B. beim Generalkonsulat, der betreffenden Stadt/Gemeinde, beim Marschall- oder Woiwodschaftsamt, bei den polnischen Ministerien, bei polnischen und internationalen Stiftungen, bei EU-Institutionen, usw. über die Bezirksvorstände stellt ein ernsthaftes Hemmnis für sie dar. Die Gründung von juristischen Personen (eingetragenen Vereinen) scheint auch auf der lokalen Ebene geboten. Jeder DFK, der ein intensives Eigenleben entfalten möchte, sollte einen eingetragenen Verein gründen. Dadurch verlieren die entsprechenden Dachverbände auf der regionalen und zentralstaatlichen Ebene keinesfalls ihre politische und strukturelle Bedeutung.

Die gemeinschaftsfördernden Maßnahmen sollten von den Gliederungen der DMI selbst durchgeführt werden. Institutionen wie beispielsweise das HDPZ, ifa, das Goethe-Institut und andere sollten nur dann aktiv werden, wenn die DMI mit der Organisation und Durchführung von bestimmten Aktivitäten überfordert ist oder andere gewichtige Gründe dafür sprechen. Es sollten vor allem die Aktivitäten der DMI selbst unterstützt werden. Nach meiner Auffassung sollten weit über die Hälfte der Aufwendungen zur Unterstützung dieser Aktivitäten verwendetet werden. Ohne Zweifel sollten die Bereiche Sprache und gemeinschaftsfördernde Maßnahmen im Mittelpunkt der Strategie stehen.

Das Begegnungsstättenprogramm kann im wesentlichen als abgeschlossen betrachtet werden. Zusätzliche Baumaßnahmen sollten nur nach sehr sorgfältiger Prüfung und Abwägung vorgenommen werden. Der Schwerpunkt sollte in Zukunft eindeutig auf die Unterstützung von Aktivitäten in den Begegnungszentren und den Gliederungen der DMI gelegt werden. Sie müssen nun mit Leben erfüllt werden. Wobei darüber verstärkt nachgedacht werden sollte, welche Strukturen gelegt bzw. gefördert werden sollten, um der Jugend der DMI Entfaltungsmöglichkeiten in den BZ zu bieten.

3. Förderung der zivilen Bürgergesellschaft, Förderung der Gliederungen der DMI, Förderung einer Minderheitenelite / Jugend, deutsch-polnische Landeskunde

Im Interesse der Entfaltung der deutschen Minderheit ist die Fortführung der demokratischen Reformen und der Aufbau einer zivilen Bürgergesellschaft unerlässlich. Sie ist Bedingung für die gleichberechtigte Partizipation der DMI am gesellschaftlichen Leben in Polen. Die DMI wird erst dann von der Mehrheitsbevölkerung als gleichberechtigter Partner akzeptiert, wenn ihre Mitglieder etwa über den gleichen Bildungsstand verfügen. Auch für den Prozess der inneren Demokratie innerhalb der Gliederungen der DMI ist die Bildung einer weltoffenen, gut ausgebildeten und kritischen Elite unerlässlich. Denn langfristig muss sie das Ruder von der Erlebnisgeneration übernehmen. Dies bleibt für alle Beteiligten eine langfristige Aufgabe. Bildung, Ausbildung, Fortbildung und Qualifizierung, Informationen über Deutschland, Polen und die EU müssen intensiv fortgeführt werden, um die jahrzehntelangen Benachteiligungen der DMI abzubauen.

Da vor allem große Teile der älteren Generation der DMI auf Grund ihrer Isolation von der demokratischen Entwicklung Westdeutschlands ausgeschlossen gewesen sind, haben sie ein Deutschlandbild konserviert, das von vor 1945 stammt. Diese Tatsache erschwert ihnen sowohl die Kommunikation mit Deutschland wie mit ihrem polnischen Umfeld. Diese tradierten Haltungen können nur mittels Bildung abgebaut werden.

Mittel- und langfristig sollte man die unmittelbare Förderung der Infrastruktur der DMI einstellen, denn sie bedeutet einen tiefgreifenden Eingriff in ihre Souveränität. Die hier eingesparten Mittel sollten im Gegenzug für gemeinschaftsfördernde Maßnahmen verwendet werden, wobei ein Teil davon durchaus als Verwaltungskosten den Gliederungen der DMI wieder zugeführt werden kann. In Folge dessen werden die wirklich aktiven Gliederungen honoriert. Im Gegenzug müssten die lokalen Gliederungen der DMI in die Lage versetzt werden, sich erfolgreich um Mittel für ihre Aktivitäten nicht nur bei deutschen Zuwendungsgebern zu bemühen.

4. Stärkung der Akzeptanz für die DMI, Förderung des Dialogs Mehrheit - Minderheit, Medienarbeit, Geschichtsaufarbeitung

Die von den totalitären Regierungen Polens jahrzehntelang geführte antideutsche Propaganda, die systematische Negierung der Existenz einer deutschen Minderheit und die verfälschte Geschichtsschreibung gegenüber den ehemaligen deutschen Ostgebieten hatte zum Ergebnis, dass große Teile der polnischen Gesellschaft über die öffentliche Präsenz und die Registrierung der deutschen Minderheit nach der Wende zumindest überrascht waren. Vor allem die Geschichtsaufarbeitung und die entsprechende Medienarbeit in den ehemaligen deutschen Ostgebieten, die langfristig angelegt werden muss, kann zu einer Verbesserung der Akzeptanz der DMI innerhalb der polnischen Gesellschaft führen. Auch kann die deutsch-polnische Schicksalsgemeinschaft hinsichtlich der Vertreibung diesen Prozess befördern.

Überlegenswert wäre auch die Gründung eines wissenschaftlichen Instituts, das sich mit dem Phänomen der ethnischen Minderheiten in Polen befasst. Die Beschäftigung mit dieser Problematik auf der wissenschaftlichen Ebene würde ihr zumindest mittel- und langfristig einen höheren gesellschaftlichen Stellenwert verleihen. Die Bundesregierung könnte in Abstimmung mit der polnischen Regierung wissenschaftliche Stipendien oder Professuren unterstützen.

5. Wirtschaftsförderung und Regionalentwicklung (hauptsächlich in den Woiwodschaften Oppeln und Schlesien)

Nur eine positive Perspektive hinsichtlich der Demokratie- und Wirtschaftsentwicklung bietet die Grundlage für das Verbleiben der Deutschen in ihrer angestammten Heimat. Wirtschaftliche Hilfen dürfen allerdings nicht nur an die DMI vergeben werden, will man nicht Gefahr laufen, Neid und Missgunst bei der übrigen Bevölkerung zu erzeugen. Nach dem Grundsatz "Hilfe zur Selbsthilfe" sollten in diesem Bereich nicht materielle Investitionen, sondern Systeme vor allem in Bildungs- und Weiterbildungsbereich implementiert werden, die der Wirtschaftsentwicklung der Regionene dienen. Wichtig ist hierbei auch die Einbeziehung der polnischen und internationalen Institutionen auf der kommunalen, regionalen und zentralstaatlichen Ebene. Derartige Projekte machen in den Regionen Sinn, in den ein Mindestmaß an Konzentration der DMI vorhanden ist (Woiwodschaften Schlesien, Oppeln, Allenstein). Letztendlich sind die polnische Regierung und die kommunalen und regionalen Selbstverwaltungen für die Wirtschaftsentwicklung in ihrem Land zuständig. Deshalb sollten alle Aktivitäten in diesem Bereich mit ihnen sorgfältig abgestimmt werden. Bei der Vergabe von Bundesmitteln sollte immer streng darauf geachtet werden, dass sie von keiner Seite für welche Zwecke auch immer instrumentalisiert werden können.

6. Starke Präsenz der DMI in der kommunalen und regionalen Selbstverwaltung (hauptsächlich Woiwodschaften Oppeln, Schlesien, Allenstein)

Dezentralisierung ist der beste Minderheitenschutz. Am Beispiel des Wahlsiegs der deutschen Minderheit in der Woiwodschaft Oppeln auf der kommunalen und regionalen Ebene wir deutlich, wie die Bedeutung der Deutschen, die politische Verantwortung übernommen haben, gestiegen ist. Die Erfahrungen aus der kommunalpolitischen Arbeit werden langfristig zwangsläufig positive Veränderungen innerhalb der Strukturen der DMI bewirken. Die Rolle der DMI auf der kommunalen und regionalen Ebene ist deshalb mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln und Instrumenten zu fördern.

7. Förderung des Beitritts Polens in die EU und der Übernahme der Minderheitenstandards

Es ist naheliegend, dass der Beitritt Polens in die EU mit der damit verbundenen wirtschaftlichen und demokratischen Stabilisierung und der Öffnung der Grenzen im Interesse der DMI ist. Da, wo möglich, sollte sich die DMI an die Spitze dieser Bewegung setzen und dabei auch von der deutschen Seite unterstützt werden. Auch sollte die DMI an den Möglichkeiten, die ihr von den EU-Förderprogrammen geboten werden, nach besten Kräften Gebrauch machen.

8. Förderung der Jugend der DMI

Ohne aktive Beteiligung der Jugend am Leben der DMI in Polen wird es eine Zukunft der Minderheit nicht geben. Besonders für junge Menschen, die ja in einem Reifeprozess begriffen sind, ist das Bekenntnis zur DMI mit besonderem Mut und zum Teil mit Diskriminierungen an Schulen und Universitäten verbunden. Notwendig sind hier Programme, die auf die besonderen Bedürfnisse der Jugendlichen und den Dialog mit der Mehrheit zugeschnitten sind. In diesem Bereich sollten über die gemeinschaftsfördernden Maßnahmen hinaus auch Freizeitgestaltung und Sport unterstützt werden. Darüber hinaus wäre zu überlegen, ob in der Lehrerfortbildung die Betroffenen nicht verstärkt für die Themen des Zusammenlebens der DMI mit der Mehrheitsbevölkerung und der Geschichtsaufarbeitung sensibilisiert werden könnten.

Vielfach wird die Jugend der DMI von den Erwachsenen überfordert: auf der einen Seite wird von ihr erwartet, dass sie in bestimmten Bereichen Verantwortung übernimmt und selbstständig handelt, auf der anderen Seite wird wenig dafür getan, sie auf diesem Wege zu unterstützen. Ein besonderer Schwerpunkt sollte hier auf Bildung, Schulbildung und Berufsbildung gelegt werden. Dabei sollte darauf Wert gelegt werden, die Jugend der DMI zu eigenen Aktivitäten zu stimulieren, anstatt sie durch fertige Angebote zum Konsumenten abzustempeln.

9. Förderung der Gesundheitsversorgung / Soziales

Im Bereich der Gesundheitsversorgung sollte nach 10 Jahren Förderung die Frage gestellt werden, inwieweit die Fortsetzung dieser Förderung noch notwendig ist. Falls ja, sollten in Kooperation mit der Selbstverwaltung auf der Gemeinde- und Kreisebene klare regionale Schwerpunkte gesetzt werden.

Bei der Versorgung älterer, kranker und alleinstehender Menschen sollte die grundsätzliche Frage gestellt werden, wie ihnen wirklich geholfen werden kann. Ob die Verteilung von ca. 100 DM jährlich an diese Personen die richtige Antwort auf diese Frage ist, mag dahin gestellt sein. Die Arbeit der Sozialstationen wird grundsätzlich sehr positiv beurteilt, es sollte allerdings darauf geachtet werden, dass die laufenden Kosten ausdrücklich von der polnischen Seite getragen werden.

VI. PRINZIPIEN DER UMSETZUNG

Die Umsetzung der von der DMI im breiten Konsens formulierten Ziele und konkreter Projekte sollte nach den Prinzipien der Subsidiarität, Hilfe zur Selbsthilfe und der innerverbandlichen Demokratie erfolgen. Hierbei fällt dem VdG eine zentrale Rolle zu. Durch entsprechende Beschlüsse sollte der VdG ein Thesenpapier vorbereiten, in dem die notwendigen Veränderungen (z.B. Dezentralisierung der Verbandsstrukturen) diskutiert werden.


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